Wer von euch kennt sie, die Aussage: „Wir haben uns getrennt. Vieles hat nicht mehr gepasst. Und im Bett ist schon ewig nichts mehr gelaufen.“? So einige werden dies selbst oder innerhalb des Freundeskreises bereits erlebt haben. Doch was für eine Spiral-Bewegung ist das, der die „Trennung weil der Sex nicht passt“ folgt und der so viele Partnerschaften „zum Opfer fallen“?! Werfen wir heute gemeinsam einen Blick hinter das Geschehen.
Trennung weil der Sex nicht passt
Wenn wir 20 oder 25 Jahre alt sind, dann tut es weh, wenn es heißt: „Trennung weil der Sex nicht passt“. Ist aber oft auch mit Aufbrauch-Stimmung verbunden. Wir sagen dann: „Es hat nicht gepasst. Da draußen gibt es noch etwas Besseres. Die oder der Richtige wartet noch auf uns!“
Wenn wir jedoch älter sind, dann bekommt eine „Trennung weil der Sex nicht passt“ eine ganz andere Dimension. Viele Paare haben Familien gegründet, möchten ihren Kindern ein solides Elternhaus bieten, leben im gemeinsamen Haushalt, haben gemeinsame finanzielle und soziale Verpflichtungen. Die „Trennung weil der Sex nicht passt!“ hat nun weitreichende Folgen. Dazu kommt noch, dass wir in einer Beziehung sind, die wir wirklich wollten. Wir haben uns unseren Partner/unsere Partnerin gut ausgesucht, waren so richtig verliebt und wollten mit diesem Menschen unser Leben verbringen. Sich nun zu trennen fällt massiv schwer und tut echt weh!
Aber wo und wie ist die Verbundenheit verloren gegangen?! Wo und wie haben wir uns als Frau, als Mann, als sexuelles Wesen, aus den Augen verloren?! Wir dachten immer, uns könnte das nicht passieren…
Den Sex im Alltag verlieren
In dauerhaften Beziehungen drängt sich der Alltag in den Vordergrund. Und damit Verpflichtungen, Aufgaben, Herausforderungen, die beide sehr beschäftigen und beanspruchen. Wir ermüden, manchmal ermatten wir sogar. Und dabei kommt die Zärtlichkeit oft zu kurz. Wir haben keine Lust auf Sex. Die Sexualität schläft ein.
ABER: Wir nehmen es hin, denn viele wissen, dass dies der Lauf der Dinge ist. Für einen gewissen Zeitraum ist das auch ganz natürlich. Und viele sind zuversichtlich: „Es wird auch wieder anders werden, aber momentan gibt es einfach andere Prioritäten.“
Bei manchen Paaren stimmt das auch. Sie können sexuell fruchtlose Phasen gut ausagieren. Sie finden, auch zu einem späteren Zeitpunkt, wieder den Anschluss, um ihre partnerschaftliche Sexualität neu zu aktivieren.
Bei manch anderen setzt sich jedoch ein schleichender Prozess in Gang, der die Verbindung des Paares langsam aber kontinuierlich untergräbt. Was ein „wieder aufeinander zugehen“ deutlich schwieriger macht.
Ich betone es immer wieder gerne: Liebe, Sexualität, Nähe, Verbindung – braucht Nahrung! Wenn diese Nahrung über einen längeren Zeitraum fehlt, kann sich eine Spiral-Bewegung in Gang setzen, die schlussendlich vielleicht zur Trennung führt.
Was soll das für eine Spiral-Bewegung sein?
Sie beginnt ganz schleichend und schafft – Schritt um Schritt – immer mehr Distanz.
- Unser Hauptaugenmerk liegt auf den alltäglichen Anforderungen. Die partnerschaftliche Sexualität ist in den Hintergrund getreten. Wir planen wieder Sex zu haben, wenn …es sich ausgeht, …wir keinen Stress haben, …Sex im Urlaub, …wenn dieses Projekt erledigt ist, etc. Kommt es dann nicht dazu, weil die Verpflichtungen einfach nicht weniger werden, hat die Spirale Raum sich langsam nach unten zu drehen.
- Liebevolle Gesten und zärtliche Momente rücken in immer weitere Ferne. Zuerst, weil wir keine Zeit oder Muse haben. Danach, weil sich die erste Stufe der Distanz eingeschlichen hat. Man „vergisst“ im wahrsten Sinne des Wortes darauf, dass die gegenseitige Zuwendung wichtig ist. Nimmt es bei sich selbst und bei seinem Gegenüber nicht mehr wahr.
- Langsam wird die Kommunikation immer flacher. Es geht um den Kredit, um das Thermenservice oder den Geburtstag der Schwiegereltern. Wir sorgen uns um unser gesamtes Umfeld, aber immer weniger um uns. UNS – als Frau, als Mann, mit Bedürfnissen und Sehnsüchten.
- Die Spirale dreht sich weiter. Je weniger nahe wir uns sind, desto kritischer werden wir mit unserem Partner/unserer Partnerin. Kleinigkeiten werden zu Großigkeiten aufgebauscht. Das Herumnörgeln und Verändern wollen des Partners/der Partnerin, gerät immer mehr in den Fokus. Jedes Wort wird auf die Waagschale gelegt und gegeneinander ausgelegt.
- Und die Spirale dreht sich noch weiter. Die Distanz ist nicht mehr nur körperlich, sondern auch emotional. Wir nerven uns gegenseitig. Und damit wird die Barriere, um Sexualität wieder in An-Griff zu nehmen, zu einer unüberwindbaren Kluft. Wieso sollte man sich auch auf Sexualität einlassen, wenn man sich nicht gesehen, nicht geliebt, nicht anerkannt, nicht verstanden fühlt?
- …..
Ein „je WENIGER von…“ führt auf direktem Weg zu einem „noch viel WENIGER von…“!
Die unendlich vielen Gründe einer Trennung
Wir trennen uns, weil: „Wir nicht mehr miteinander kommunizieren können. Wir nie einer Meinung sind. Wir keine Streitkultur haben. Immer herum gemeckert wird. Wir uns auseinander gelebt haben. Wir nie das Gleiche wollen. Wir uns im Grunde schon gar nicht mehr leiden können. etc.“
All diese Gründe werfen jedoch die Frage auf:
- Wären das auch Trennungsgründe (geworden), wenn es in der Partnerschaft gelebte Sexualität gegeben hätte?
- Wenn es Zweisamkeit und Intimität gegeben hätte?
- Wenn man sich nahe geblieben wäre?
- Wäre die emotionale Distanz vielleicht gar nicht aufgekommen, wenn es nicht an Körperlichkeit gefehlt hätte?
- Wären die Kommunikationswege direkter geblieben, wenn wir uns noch gespürt hätten?
Eben deshalb, weil ihr euch weiterhin als Frau, als Mann, als sexuelles Wesen, als gefühlvolle Person, gesehen und wahrgenommen gefühlt hättet? (nicht nur als funktionierender Teil einer Partnerschaft?)
Fragen über Fragen… Ich weiß!
Die Antworten könnt ihr euch nur selbst geben!
Und doch werfe ich die Hypothese auf, dass Vieles anders laufen würde. Vieles viel leichter zu nehmen wäre. Vieles nicht als „boshafte Kritik“ und Rütteln an der eigenen Person, sondern als produktiver Input gewertet werden könnte!
Wenn, ja nur wenn, Ihr in eurer Ganzheit, als Frau, als Mann, als körperliches Wesen, als gefühlvolle Person, wahrgenommen worden wärt.
Ist das nun der letzte Ausweg? Trennung weil der Sex nicht passt?!
Ich sage: Nein und gerne noch ein zweites Mal: NEIN!
Denn dort, wo ein „Je weniger von…“ zu einem „noch viel weniger von…“ führt, gibt es auch einen Umkehrschluss. Denn:
„je MEHR von…“ führt auch zu einem „noch viel MEHR von…!“
Mehr Gefühl, mehr Anerkennung, mehr Gesehen werden, mehr Lob, mehr Wertschätzung, mehr Kommunikation, mehr partnerschaftliche Quality-Time, mehr Nähe, mehr Komplimente, mehr Verständnis, mehr Zärtlichkeit, mehr Sinnlichkeit, mehr Lachen – all das ist MEHR NAHRUNG für Frau, für Mann, für das sexuelle Wesen in euch!
Pack es heute an
Wenn du sagt: „Mit dem momentanen Zustand gebe ich mich nicht zufrieden! Ich will meine Liebe, ich will meine Partnerschaft. Aber ich will auch dieses MEHR VON! Und guter Sex darfs auch noch sein!“.
Dann unterstützt dich vielleicht folgender Gedanke, um den Umbruch zum Aufbruch zu machen:
Du hast es in der Hand, das JA zu deiner Partnerschaft zu geben!
Du hast es in der Hand, das JA zu deiner Sexualität zu geben!
Es braucht dein JA.
Es braucht deinen EINSATZ.
Es braucht dein WOLLEN.
Und zu guter Letzt braucht es dein TUN.
Dann kann sich der gewünschte neue Schwung, das Aktivieren, das sich neu aufeinander Einlassen, entfalten. Und dann können Partnerschaften, die momentan auf Sparflamme laufen, wieder lichterloh zu brennen beginnen.
Alles was einmal da war, lässt sich auch wieder re-aktivieren! Sogar zu einer ganz neuen Qualität bringen! Aber: Es braucht dein JA!
Viele beflügelte Grüße
Petra
4 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
bin nicht ganz einverstanden. meist ist es doch eher so, dass ein partner noch möchte und der andere einfach keine lust mehr (auf diesen partner) empfindet. dh die person, die keine lust mehr hat, bekommt die zärtlichkeit, aufmerksamkeit etc und doch will sie nicht mehr.
sex hat ja mit mehr zu tun als nur mit geistiger und emotionaler nähe. da muss neugier und knistern vorhanden sein. und wenn man den partner eh schon in- und auswendig kennt, fehlen genau diese zutaten, die sex nicht zu einer routine sondern zu einer aufregung werden lassen.
und diese neugier und spannung kann ich nicht herzaubern. weder mit zärtlichkeit, zeit oder liebe.
Liebe Manuela, vielen Dank für dein Kommentar! Eine kritische Sicht auf die Dinge ist immer gut. Verschafft viel Gedankenspielraum.
Das ein Partner möchte, der andere nicht, kommt sehr häufig vor. Die wirklich wichtige Frage dabei ist: Wieso genau habe ich auf meinen Partner keine Lust mehr? Ist mir das was wir tun langweilig geworden? Hat mir gar der Sex mit dem Partner schon früher immer weniger gefallen, sodass ich froh war, dass der Sex eingeschlafen ist? Lädt mich der Partner immer auf eine Art und Weise zu einer sexuellen Begegnung ein, bei der sich mir sofort die Haare sträuben? Oder…? Genau in diesen Details, die man sich wirklich ehrlich beantworten muss (was hart sein kann), kann der erste Schritt zur Lösung stecken!
Die Neugier und Spannung der Anfangszeit ist ein Phänomen, dass mit dem „sich immer besser kennenlernen“ langsam vergeht. Dafür gibt es in langen Partnerschaften Qualitäten, wie Vertrauen, so angenommen sein, wie man ist, etc., die einem ganz neuen Handlungsspielraum zum Ausprobieren bieten. Ein wichtiger Punkt, den es genauer zu beachten gilt!
Ich vergleiche Sexualität gerne mit einem Lagerfeuer:
Frisch verliebt, ist Sex wie ein sich entzündendes Lagerfeuer: da knackst es, helle Flammen lodern auf, die sich in den Augen spiegeln, es knistert und knastert, es ist aufregend.
Lang verbunden, kann Sex wie ein lange brennendes Lagerfeuer gesehen werden: Rot glimmen und glühen die Holzscheite, das Feuer brennt mit satten Flammen und spendet richtig wohlige Wärme… und das ein oder andere Mal zischt es so richtig aus dem Feuer hinaus und überrascht einen immer wieder aufs Neue.
Und diese Qualität kann man sich erschaffen! Dabei ist man weit entfernt von Routine. Das ist der Punkt, an dem man beginnt, seine Wunsch-Sexualität selbst zu Gestalten.
Zum Thema „Wenn die Lust auf Sex fehlt“ habe ich einen Artikel geschrieben. Vielleicht steckt da die ein oder andere Inspiration drinnen: https://petrasteiner.at/lust-auf-sex-fehlt/
Alles Liebe Petra
ja, aber. wieso sollte ich mich als wollende sowas fragen? wenn der partner schon allergisch auf anspielungen reagiert, sagt ‚du willst immer nur rummachen‘, dann ist es zeit, ihm ein ultimatum zu stellen. auch wenn das selber weh tut.
Liebe Andrea,
danke für deine offenen Worte! Kann ich gut nachvollziehen, dass eine Zurückweisung nie angenehm ist und sich – in beiden – immer mehr Frust aufbaut.
Was ich beobachte bzw. immer wieder zu hören bekommen ist folgende Situation:
Eine Person sagt: „Ich will endlich wieder S*e*x!“ oder „Wann hast du endlich wieder Lust?“ und wartet dann darauf, dass sich das Gegenüber ändert/an sich arbeitet/aktiv wird/wieder auf einen zugeht. Diejenige Person, die also „fordert“, erwartet, dass das Gegenüber was unternimmt.
Die andere Person, die momentan aber gerade nicht diesen Mangel verspürt, reagiert abweisen darauf, denkt sich: „Was oder wieso soll ich was verändern.“. Und damit sind wir schon genau in der Patt-Situation, die nirgendwo hinführt.
Mein Artikel spielt darauf an, dass der-/diejenige, der/die Mehr möchte, aktiv wird. Eine Entscheidung trifft und dran bleibt, etwas in Veränderung zu bringen. Ließ vielleicht kurz in den Artikel hinein: https://petrasteiner.at/wie-sage-ich-dir-das-nun – vielleicht öffnet er ein paar neue Möglichkeiten, mit dem Partner/der Partnerin ins Gespräch zu kommen und etwas in Veränderung zu bringen.
Und klar, auch eine Trennung ist ein Weg. Nur stellt sich die Frage, ob „ich“ bis dahin alle meine Möglichkeiten zu Veränderung ausgeschöpft habe.
Wünsch dir einen schönen Wochenstart!
Petra