Menschen sind fasziniert, von den unterschiedlichen Möglichkeiten ihre Sexualität zu bereichern und zu erweitern. Der Schritt aus der Komfortzone hinaus, kann tatsächlich mit genüsslichem Prickeln belohnen. Wäre da nicht die Umsetzung, die uns oft schneller ausbremst, als sie positiv greift. Daher heute mein Sex-Praxis-Tipp, um neue sexuelle Spielarten erfolgreich zu integrieren. Mit Spaß und ohne zu scheitern!
Neue sexuelle Spielarten erfolgreich integrieren
Durch Filme, Erzählungen aus dem Freundeskreis, einem Artikel im Netz, werden wir oft auf sexuelle Ideen gebracht. Wir bekommen Lust auf´s auszuprobieren. Die sexuellen Spielarten selbst sind meist gar nicht so neu. Sie sickern nur (manche schneller, manche langsamer) aus der Tabuzone und werden damit zu realistischen, alltagstauglichen Möglichkeiten.
Welchen Ideen begegne ich regelmäßig?
Wovon sind Menschen, wie du und ich, Einzelpersonen oder Paare, fasziniert? Was können sie sich vorstellen, in ihr Sexualleben zu integrieren:
- Der Klassiker: Bondage und das Spiel von Dominanz und Unterwerfung.
- Slow Sex: Weg von Orgasmus orientierter Sexualität. Hin zu Entschleunigung. Bewusstem Wahrnehmen, mit allen Sinnen. Sich auf einer ganz neuen, verlangsamten Ebene begegnen und damit neu entdecken.
- Tantra-, Yoni-, Lingam-Massage: Seinen Partner/seine Partnerin ganz in den Mittelpunkt stellen. Durch sinnliche, fließende Berührungen und gesteigerte Achtsamkeit, die erotische Energie fließen lassen.
- Ein Besuch im Swinger Club, um (vielleicht in erster Linie) seine voyeuristische Ader auszuleben und die eigene Erregung so richtig anzustacheln.
- Rollenspiele und noch einiges mehr.
Eines haben all diese sexuellen Spielarten gemeinsam:
Menschen möchten Ihre Sexualität neu aufladen. In andere Sphären ein- bzw. abtauchen. Suchen dabei nach neuen Reizen, die das Prickeln fördern. Und suchen darüber hinaus, nach einem „über sich hinaus wachsen“, um sich und den Partner/die Partnerin besser kennenzulernen. Auf dem gemeinsamen Weg zu mehr Sinnlichkeit und Erotik!
Und dazu ist jede Praktik gut und richtig – WENN:
Beide Personen JA dazu sagen!
Es kann durchaus sein (bzw. ist es sogar häufig so), dass ein Teil die treibende Kraft ist. Einer/Eine die Idee hat und damit Zündstoff hinein bringt. Und der andere Teil noch etwas zögert. Es kommt also der Punkt der Entscheidung und dazu kann man sich fragen: Ist das zittrige Prickeln und die Neugier größer, als das Tabu oder die Angst davor?! Und wenn Prickeln und Neugier überwiegen, dann ist vielleicht genau der richtige Zeitpunkt gekommen, um sich von seinem Partner/seiner Partnerin zum gemeinsamen ausprobieren verführen zu lassen.
Als Grundregel gilt: Vertrauen, Respekt vor den Grenzen des/der Anderen und gemeinsam definierte Regeln, sind das Um und Auf. Wenn wir uns voll und ganz aufeinander verlassen können, dann kann step by step die gemeinsame sexuelle Entwicklung fruchten.
Die Ernüchterung, beim Versuch neue sexuelle Spielarten erfolgreich zu integrieren
In der Praxis erlebe ich es häufig, dass sich zwei Menschen voller Vorfreude ans Ausprobieren gemacht haben, doch die Enttäuschung schneller kam, als die Erfüllung des Traumes. Ich höre dann:
Wir waren so entschlossen, wir haben uns so darauf gefreut… aber es war ernüchternd und überhaupt nicht das, was wir uns vorgestellt haben.
War es nun wirklich die falsche Idee, von der wir uns zu viel versprochen haben? Oder sind wir mit Vollgas am Ziel vorbei gerauscht?
Mit Vollgas – am Ziel vorbei
Nehmen wir das Beispiel Bondage: Fesseln, Augenbinden, das Spiel zwischen Dominanz und Unterwerfung ist schon seit längerem in Österreichs Schlafzimmern eingezogen – fast schon Mainstream. Der Duft von prickelnder Erotik, Anspannung und orgastischer Entladung liegt in der Luft. Wir sind Feuer und Flamme, haben uns darauf geeinigt es zu probieren.
Laufen hochmotiviert in den Sexshop, kommen mit vollen Einkaufssäcken und einer hohen Erwartungshaltung nachhause. Doch es passiert, was nicht passieren soll…
Denn nun heißt es „Tun“ und die Unsicherheit kann rasch die Überhand gewinnen. Das erotische Knistern lässt zu wünschen übrig. Das Unbehagen steigt. Die dominante Rolle überfordert. Die unterworfen Rolle verunsichert. Das hat alles überhaupt nichts von dem, was wir uns gewünscht haben… Die erste Negativ-Erfahrung ist gemacht. Und schneller als man denkt, verstauben die Hilfsmaterialien, die so lustversprechend waren, wieder in der Schublade.
Kleine Schritte bringen größere Erfolgschancen
So motiviert wir sind, so viel Laune uns die Idee macht, so viel Lust sie uns verspricht – so gerne gebe ich meinen Klient*innen folgenden Tipp: Langsamkeit bringt euch rascher ans Ziel.
Ihr beschließt auch nicht heute, auf den Großglockner zu steigen, kauft Material und geht los. Nein, ihr werdet euch gut vorbereiten. Mit kürzeren Routen beginnen. Eure Kondition trainieren. Für Felserfahrung sorgen. Euch aneinander anpassen – der/die Langsamere gibt das Tempo vor. Und wenn ihr physisch und psychisch bereit seid, dann stellt ihr euch eurer Wunsch-Herausforderung.
Unser Kopf und unser Wille machen oft Druck: Jetzt oder nie! Ganz oder gar nicht! Unsere Gefühle, das aufeinander Einlassen, Vertrauen fassen, Fallen lassen – sind von der raschen Umsetzung jedoch meist Meilenweit entfernt. Welchen Weg könnten wir also wählen, um die Wunsch-Erfüllung greifbarer zu machen?
Neue sexuelle Spielarten erfolgreich integrieren: Mit langsam steigender Lust zur Umsetzung – mit Spaß, ohne Scheitern
Bleiben wir bei dem Wunsch nach Dominanz und Unterwerfung. Hier langsam die An-Spannung abzubauen und parallel die erotische Spannung aufzubauen, kann mächtig viel Vorfreude auf noch viel mehr machen:
- Beginnt euch im angezogenen Zustand auszuprobieren (es muss kein Rollkragenpullover sein :), aber angezogen – also geschützter – tastet es sich etwas sicherer voran).
- Testet verschiedene Fesselungsarten und Materialien, um zu erfahren, was euch angenehmen ist und wie fest es sein darf, um euch damit wohl zu fühlen.
- Die/Der Gebende kann die/den Nehmende/n mit Früchten oder Schokolade verwöhnen. So wird die ungewohnte Position/Situation mit einer sinnliche Komponente abgefedert.
- Beginnt den/die Andere mit einer Feder/einem Tuch/einem weichen Pinsel etc. über den Körper zu streicheln. An erotischen Lustpunkten, aber auch an Stellen, die einfach nur kitzeln. Die/Der Gebende macht, wie es ihr/ihm entspricht und die/der Nehmende spürt nach, wie das Tun ankommt.
- Jeder Schritt kann nur wenige Minuten dauern und auf mehrere Tage aufgeteilt werden. Danach tauscht euch aus, wie es beiden in den jeweiligen Rollen gegangen ist.
- Baut von Beginn an euer Codewort ein. Ein Klassiker ist das Ampel-System: rot = sofort aufhören, gelb = ich bin an der Grenze, aber es geht gerade noch, grün = weiter machen. Individuell personalisierbar!
- Wechselt die Rollen und probiert euch sowohl in der gebenden/dominanten und nehmenden/unterwürfigen Rolle aus. Dadurch erfahrt ihr, welche Rolle euch besser entspricht. Und ihr könnte euch, aufgrund des eigenen Erlebens, noch besser in euer Gegenüber hinein fühlen.
- Ihr baut damit Schritt für Schritt euer Liebesspiel aus. Und parallel euer gegenseitiges Vertrauen auf.
- Damit bildet ihr eine starke Basis, um die Intensität, die Materialien, die Praktiken langsam nach eurem Geschmack zu verändern – zu steigern.
Auf verschiedenen Ebenen in die neue Welt eintauchen
Selbstverständlich kann man sich auch Unterstützung von Außen holen. Unter „Bondage für Anfänger“ gibt es vielseitige Angebote, um auf den Geschmack zu kommen und behutsam in die Materie einzutauchen:
- Gemeinsam eine DVD ansehen oder einen Online-Kurs buchen und sich unter Anleitung ausprobieren.
- Einen Workshop besuchen, in dem ihr mehr über Fesselung, Rollenspiele, den Aufbau einer Session erfahrt.
- Oder – ein spannendes Experiment – direkt einen Termin bei einer Domina ausmachen. Wieso nicht von Profis lernen?! Vielleicht wird ein Kurs zB in München angeboten… könnte die passende Gelegenheit sein, ein prickelndes Wochenende zu planen. Schafft Zeit zu zweit. Und eine herrlich, sexuell aufgeladene Grundstimmung – durch ein Geheimnis, das nur ihr miteinander teilt!
Ja, die kleinen Schritte sind es, die euch in die neue sexuelle Welt so richtig hineinwachsen lassen. Ausprobieren, kommunizieren, wahrnehmen, einfühlen, sich Zeit lassen, sind die besten Zutaten für gemeinsamen Erfolg. Damit aktiviert ihr das Spielerische am Liebesspiel – und es kann zum gelungenen Erlebnis werden!
Viele beflügelte Grüße
Petra
PS: Zum Abschluss mein Lieblings-Tipp: Lachen ausdrücklich erlaubt! ♥
Verbissener Ernst erstickt die Erotik oft im Keim. Nutzt die auflockernde Qualität des Lachens und würzt eure Erlebnisse mit Humor. Sobald Knistern, Prickeln und Erregung aufkommen, macht das Lachen ganz von alleine Platz dafür!